In Sachen Digitalisierung hat der Gesundheitssektor in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, aber laut Logis.P aus dem niederländischen Zwolle gibt es im Bereich der Patientenlogistik noch eine Menge zu verbessern. Wenn man an ein technologieorientiertes Unternehmen wie Logis.P denkt, denkt man schnell an Software und Hardware wie z.B. Registrierungssäulen. Das ist zweifellos eine Kernaktivität des Unternehmens. Allerdings steht bei diesem Dienstleistungsanbieter in erster Linie die menschliche Seite im Vordergrund. „Es ist nicht wünschenswert, alles zu automatisieren", sagt der Geschäftsführer Remco van Duuren von Logis.P. „Ziel ist es, mit Hilfe der Technik administrativen Ballast zu beseitigen, so dass man Zeit spart, die dann für die Patienten im Behandlungsverhältnis genutzt werden kann."
Remco van Duuren, Geschäftsführer und Inhaber von Logis.P, relativiert zunächst die Situation. „Im Bereich der Patientenlogistik gibt es noch Verbesserungspotenzial, aber im Vergleich zu anderen Ländern sind wir in den Niederlanden bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens deutlich weiter. In Deutschland, wo wir ebenfalls tätig sind, ist man in diesem Bereich noch mindestens fünf Jahre im Hintertreffen. Hier werden Termine in Krankenhäusern immer noch per Papiernotiz vergeben. Aufkleber und Überweisungen auf Papier werden nach wie vor verwendet. Allerdings sagt das nichts über die Qualität der Pflege aus. In Deutschland wie in den Niederlanden ist der Qualitätsstandard hoch.”
Mehr als eine Anmeldesäule
Das Unternehmen Logis.P ist darauf spezialisiert, die Patientenlogistik mit Hilfe von Technologie zu optimieren. Auch die Kliniken engagieren sich stark in diesem Bereich, doch werden Bedeutung und Komplexität der Patientenlogistik noch immer unterschätzt. Eine Optimierung dieser Logistik kommt letztlich dem Patienten zugute, der weniger Wartezeiten hat und mehr Autonomie erfährt. Auch das Pflegepersonal und die Organisationen profitieren von der Optimierung der Patientenreise, da der Arbeitsdruck abnimmt und die Arbeitsabläufe effizienter werden. Wenn man an Patientenlogistik denkt, denkt man meist an Check-in-Säulen in Krankenhäusern. Im Gespräch mit Van Duuren und Herrebout, Manager Business Solutions bei Logis.P, zeigte sich jedoch, dass das Konzept wesentlich umfassender ist. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Automatisierung selbst. „Wir befassen uns speziell auch mit der menschlichen Seite des Gesundheitswesens” sagt Herrebout.
„Unsere Technologie automatisiert Verwaltungsvorgänge, rationalisiert Prozesse und die interne und externe Kommunikation. Auf diese Weise bleibt mehr Zeit für die eigentliche Behandlung. Im Vorfeld des Prozesses kann dies durch automatische Terminerinnerungen an die Patienten und eine automatische Überprüfung ihrer Namens- und Adressdaten sowie ihrer Versicherung erfolgen. Ist ein Patient für eine spezielle Behandlung unzureichend versichert, so ist dies im Voraus bekannt, wodurch eine Menge Ärger im Nachhinein vermeidbar ist. Letztlich geht es um eine gute Kommunikation von der Anmeldung zu Hause über die Ankunft im Krankenhaus bis hin zum richtigen Wartezimmer und zu den Nachfolgeterminen."
Optimierung der Patientenreise
Herrebout gibt ein weiteres einfaches Beispiel dafür, wie die Patientenlogistik in einem Krankenhaus rationalisiert werden kann. Bei der Blutentnahme in einem Krankenhaus werden die Entnahmen in der Regel in der Reihenfolge ihres Eintreffens durchgeführt. Dies erscheint auf den ersten Blick logisch. In der Praxis kann dieser Ansatz jedoch zu Engpässen führen: Ein Patient hat alle Zeit der Welt, während ein anderer in 15 Minuten einen Termin beim Arzt hat. Es ist dann effizienter, denjenigen, die schnell drankommen müssen, zuerst zu helfen, damit der Durchfluss auch in den anderen Abteilungen nicht abreißt.
„Bei der Anmeldung zur Blutentnahme müssen natürlich auch Informationen über die Folgetermine der Patienten vorliegen, was häufig ein Problem darstellt. In jedem Fall kann Logis.P das Wartezeitenmanagement für die Blutentnahme schnell und effektiv optimieren. Es wäre auch wünschenswert wenn Abteilungen über ihren eigenen Behandlungspfad hinausblicken können, um die logistische Koordination auf ganzheitliche Weise zu optimieren.
Chronologische Reihenfolge
Logistik ist demnach mehr als nur eine Nummer zu ziehen und Schritt für Schritt in chronologischer Reihenfolge von A bis Z zu gelangen. Gleichwohl wird in vielen Abteilungen noch immer jeder Schritt wie selbstverständlich in chronologischer Reihenfolge abgearbeitet. Doch das ist nicht immer effizient. Denken Sie an die Kardiologie, wo die Patienten zur Aufnahme kommen, ein Vorgespräch führen, dann eine Herzaufnahme machen, sich einem Belastungstest unterziehen und sich einer Reihe anderer Untersuchungen unterziehen müssen. Wenn der EKG-Mitarbeiter unerwartet abberufen wird, kann es zu einer längeren Warteschlange kommen, das stört den reibungslosen Ablauf erheblich. Ein anderes Mal gibt es z. B. technische Probleme mit dem Fahrradergometrietest und es bildet sich eine Warteschlange.
Fazit: Man kann nicht vorhersagen, wo es hakt. Es ist praktisch, wenn man zu jeder Zeit eine andere Reihenfolge vorgeben kann. Selbstverständlich ist es manchmal notwendig, dass Schritt 2 auf Schritt 1 folgt, aber die Schritte 4, 5 und 6 können beliebig verändert werden.
„Mit der Technologie von Logis.P lässt sich das gut bewerkstelligen,” sagt Van Duuren. „Mit Hilfe eines speziellen Algorithmus kann die kardiologische Abteilung auf der Grundlage der freien Ressourcen den optimalen Ablauf für den Patienten in diesem Moment steuern. Dank der intelligenten Patientenlogistik kann die Kardiologie also mehr Patienten pro Tag behandeln. Und das ist in einer Zeit, in der die Themen Kapazitätsmanagement und Nachsorge für Krankenhäuser relevant sind, eine wertvolle Sache."
Strenge Triage
In einigen Abteilungen wird nicht in chronologischer Reihenfolge gearbeitet, da beispielsweise eine strenge Triage erforderlich ist. Dies ist der Fall in der Notaufnahme, wo die am stärksten gefährdeten Patienten zuerst behandelt werden. Dieser Ablauf ist laut Van Duuren völlig logisch.
Währenddessen steht die Aufnahmekraft ständig unter dem Druck von Patienten, die wissen wollen, ob sie schon an der Reihe sind, und oft sogar wütend werden. Das Personal der Notaufnahme meidet manchmal sogar das Wartezimmer, um diese Art von Fragen zu vermeiden. Van Duuren: „Wenn Sie ein intelligentes Informationssystem nutzen, um die Patienten über die voraussichtliche Wartezeit zu informieren, erklären Sie, was man unter Triage versteht, und machen deutlich, dass beispielsweise gerade eine schwer verletzte Person in die Notaufnahme eingeliefert wurde, und die Wartezeit sich aus diesem Grund verlängert. Gegebenenfalls muss ein leicht verletzter Patient vielleicht später wiederkommen oder für eine Weile die Klinik verlassen.”
Optimierte Logistik
Leider wird die Bedeutung dieser Logistik von den Pflegeeinrichtungen immer noch unterschätzt. In diesem Bereich könnten sie viel von der Luftfahrtindustrie oder großen Webshops wie Bol.com lernen. Andererseits ist die Patientenlogistik sehr komplex, da jeder Patient in jeder Poliklinik unterschiedliche Schritte durchläuft. In einer Zeit, in der Kosteneinsparungen wichtig sind, erfordert dies eine Standardisierung und Harmonisierung, wo immer dies möglich ist, mit der Flexibilität, ambulanzspezifische Ausnahmen zu unterstützen.
Dies kann nur gelingen, wenn auch im Gesundheitswesen ein Umdenken stattfindet, meint Herrebout: „Stellen Sie nicht immer das Krankenhausinformationssystem in den Vordergrund, sondern gehen Sie von den Interessen des Patienten aus. So ist beispielsweise nicht immer bekannt, wer tatsächlich für den Bereich der Patientenlogistik zuständig ist. Leider gibt es in den meisten Organisationen des Gesundheitswesens immer noch keinen 'Chief Patient Officer'.
Wenn die Patientenreise reibungslos verläuft, gewinnen alle, so Van Duuren. „Wenn alle Abläufe von der Anmeldung bis zur Nachsorge ohne administrativen Ballast und Bürokratie vollständig gestrafft sind, kann dem Patienten im Bedarfsfall mehr Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet werden. Menschen, die mit Phänomenen wie Patientenportalen, QR-Codes, Check-In-Säulen, Routen oder E-Mail nicht zurechtkommen, kann ein Mitarbeiter sehr gut helfen.
Letztlich, so betont Van Duuren, ist es ganz einfach: Wenn 80 Prozent der Patienten reibungslos und mit Freude vorankommen, verbleibt genügend Zeit, um sich um die restlichen 20 Prozent zu kümmern. Wenn man den Patienten in jedem Moment der Behandlungskette ernst nimmt, führt die Optimierung der Prozesse zu Vorteilen für alle: Patient, Mitarbeiter und Organisation. Der Patient erhält Aufmerksamkeit, wenn er sie braucht. Das Gesundheitspersonal erfährt weniger Arbeitsdruck, und die Organisation als Ganzes gewinnt an Effizienz.
Logis.P ist Teil der ICT&health Innovation Partner Group. Der Artikel erschien in der 2. Ausgabe von ICT&health 2022.